100 Jahre SPÖ Bäuerinnen und Bauern: Die Vorsitzenden von 1923 bis 2023

I) 1923-1953: Der Pionier der SPÖ Bäuerinnen und Bauern

Alois Mentasti (1923-1934)

Arbeiter-Zeitung, Ausgabe vom 26. Februar 1923, Seite 2 (ANNO/Österreichische Nationalbibliothek).

Die sozialdemokratischen Bäuerinnen und Bauern gründeten sich am 17. März 1923 als „Vereinigung der Kleinbauern, Weinbautreibenden und Kleinpächter“. Alois Mentasti, zu dieser Zeit Vizebürgermeister der niederösterreichischen Gemeinde Sooß und Landesbauernkammerrat, übernahm bis zum Verbot der SDAP im Jahr 1934 den Bundesvorsitz.

Alois Mentasti (1945 bis 1953)

Nach Kriegsende gründeten sich die sozialdemokratischen Bäuerinnen und Bauern als „Österreichischer Arbeitsbauernbund“ neu. Alois Mentasti wurde ein weiteres Mal zum Bundesvorsitzenden gewählt.

Arbeiter-Zeitung, Ausgabe vom 11. August 1945, Seite 3 (ANNO/Österreichische Nationalbibliothek).

Im Juli 1953 kam es beim Verbandstag des Arbeitsbauernbundes zum ersten Vorsitzwechsel:

„Der um die Bewegung der Arbeitsbauern so verdienstvolle bisherige Obmann Bürgermeister Alois Mentasti wurde unter großem Beifall zum Ehrenobmann gewählt. […] Zum Obmann wurde Nationalrat Josef Steiner (Kärnten) gewählt, der schon bisher in der sozialistischen Bauernbewegung an führender Stelle stand und dem vor allem die Einrichtung der Landmaschinenhöfe in Kärnten zu verdanken ist.“ [1]

Der niederösterreichische Landtagsabgeordnete Martin Tatzber und Nationalrat Paul Rosenberger aus dem Burgenland übernahmen die Positionen des ersten und zweiten Stellvertreters auf Bundesebene.

II) 1953-1985: Die „Kärntner Ära“ der Bundesvorsitzenden

Josef Steiner (1953 bis 1965)

Der gebürtige Baldramsdorfer (Bezirk Spittal an der Drau) begann seine Karriere bei den SPÖ Bäuerinnen und Bauern bereits in der 1. Republik und fungierte von 1931 bis 1934 als Landessekretär des Arbeitsbauernbundes in Kärnten. In der 2. Republik war er zudem als Nationalratsabgeordneter im Einsatz (1945-1966).

Am 18. September 1965 übergab Josef Steiner beim Verbandstag des Arbeitsbauernbundes in Wien den Bundesvorsitz an Rudolf Tillian:

„Da Nationalrat Genosse Steiner an diesem Verbandstag seine Funktion als Obmann aus Altersgründen niederlegte, wurde der Landtagspräsident von Kärnten Genosse Tillian zum neuen Bundesobmann gewählt.“ [2]

Inhaltlicher Schwerpunkt der Bundeskonferenz war die Einführung der Bauernkrankenversicherung. Damit wurde endlich eine jahrzehntelange Forderung der sozialdemokratischen Bäuerinnen und Bauern verwirklicht.

Rudolf Tillian (1965 bis 1981)

Rudolf Tillian gilt als einer der einflussreichsten Kommunalpolitiker seiner Zeit. Neben seiner langjährigen Tätigkeit in der Kärntner Landespolitik (u. a. als Landtagspräsident) war er als Bürgermeister und leitender Funktionär im „Österreichischen Gemeindebund“ aktiv.

Ende April 1981 übergab er den Bundesvorsitz des Arbeitsbauernbundes bei einer Bundeskonferenz in Wien:

„Zum neuen Bundesobmann des Arbeitsbauernbundes wurde Staatssekretär Albin Schober gewählt, da der bisherige Obmann der Kärntner Landtagspräsident Rudolf Tillian, nach einer 16jährigen Amtszeit nicht mehr kandidierte.“ [3]

Finanzminister Dr. Herbert Salcher („Aspekte zukunftsorientierter Wirtschaftspolitik“) und Landwirtschaftsminister Dipl-Ing. Günter Haiden („Agrarpolitik der achtziger Jahre“) hielten bei der Konferenz die beiden inhaltlichen Hauptreferate.

Albin Schober (1981 bis 1985)

Der gebürtige Lavanttaler war neben seiner Tätigkeit bei den SPÖ Bäuerinnen und Bauern von 1976 bis 1983 Staatssekretär im Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft und ein weiterer Folge von 1983 bis 1986 Abgeordneter zum Nationalrat.

III) 1985-1996: Drei Vorsitzwechsel in 11 Jahren

Josef Pfeifer (1985 bis 1987)

Josef Pfeifer aus Platt (Gemeinde Zellerndorf) galt als Meister der Rhetorik und konnte auf eine ereignisreiche Politikkarriere zurückblicken: unter anderem als Bürgermeister, Bezirksparteivorsitzender und Nationalratsabgeordneter; Bei den SPÖ Bäuerinnen und Bauern engagierte sich der Niederösterreicher bereits ab 1960.

Franz Zellnig (1987 bis 1991)

Der Steirer Franz Zellnig wurde im Jahr 1970 Bezirksbauernkammerrat, 1980 Landeskammerrat und sechs Jahre später Landesvorsitzender der SPÖ Bäuerinnen und Bauern. Darüber hinaus unterstützte er Landwirtschaftsminister Günter Haiden bei der Einführung der Milchkontingentierung. [4]

Franz Prettner (1991 bis 1996)

Franz Prettner war in Villach als Gemeinderat tätig, engagierte sich 15 Jahre lang im Kärntner Landtag und galt als engagierter Bauernvertreter und Agrarexperte. Er wurde im Mai 1993 bei der Bundeskonferenz der SPÖ Bäuerinnen und Bauern in Eisenstadt als Bundesvorsitzender bestätigt. Der neue burgenländische Landesvorsitzende Josef Gelbmann, der später den Bundesvorsitz übernehmen sollte, wurde dort in den Bundesvorstand berufen. [5]

IV) 1996-heute: Die Bundesvorsitzenden des neuen Jahrtausends

Josef Gelbmann (1996 bis 2007)

Der Andauer (Bezirk Neusiedl am See) setzte sich als Bundesvorsitzender vor allem für die bäuerlichen Familienbetriebe ein. Daneben war er 30 Jahre lang als Gemeinderat und Vizebürgermeister seiner Heimatgemeinde im Burgenland tätig.

Monika Kaufmann (2007 bis 2012)

Die erste Frau an der Spitze der SPÖ Bäuerinnen und Bauern: Am 15. September 2007 wurde die steirische Landtagsabgeordnete Monika Kaufmann mit 92 Prozent der Delegiertenstimmen zur neuen Bundesvorsitzenden gewählt. Der Abschluss des „Grünen Pakts“ sowie mehr Gerechtigkeit im Sozialbereich waren die bestimmenden Themen der Bundeskonferenz im Kulturzentrum Mattersburg. [6]

Josef Etzenberger (2012 bis 2022)

Bei der Bundeskonferenz der SPÖ Bäuerinnen und Bauern am 5. Mai 2012 in St. Pölten wurde der niederösterreichische Landesvorsitzende Josef Etzenberger zum neuen Bundesvorsitzenden gewählt. Als seine Arbeitsschwerpunkte nannte der Weinbauer aus Lengenfeld eine gerechtere Sozialpolitik sowie die Neubewertung des land- und forstwirtschaftlichen Einheitswertes. [7]

Michael Schwarzlmüller (ab 2022)

Am 28. Mai 2022 wählten die Delegierten mit Bürgermeister Michael Schwarzlmüller erstmals einen Oberösterreicher zum Bundesvorsitzenden der SPÖ Bäuerinnen und Bauern. Eine weitere Premiere: Am Ende der Konferenz wurde die Alois-Mentasti-Plakette an Josef Etzenberger verliehen. Diese Auszeichnung, die von den SPÖ Bäuerinnen und Bauern gestiftet wurde, wird hinkünftig an Persönlichkeiten aus ganz Österreich vergeben, die sich für den ländlichen Raum Österreichs stark machen. [8]


Die bisherigen Bundesvorsitzenden (11) nach ihren Bundesländern:

  • Kärnten (4): Josef Steiner, Rudolf Tillian, Albin Schober, Franz Prettner;
  • Niederösterreich (3): Alois Mentasti, Josef Pfeifer, Josef Etzenberger;
  • Burgenland (1): Josef Gelbmann
  • Oberösterreich (1): Michael Schwarzlmüller
  • Steiermark (2): Franz Zellnig, Monika Kaufmann;
Fotomontage: MarjanNo/Pixabay, Zeitungsausschnitte der Burgenländischen Freiheit;

[1] Burgenländische Freiheit (1953). Der neue Vorstand des Arbeitsbauernbundes, 12. Juli 1953, Seite 5 (ANNO/Österreichische Nationalbibliothek).
[2] Burgenländische Freiheit (1965). Verbandstag des Österr. Arbeitsbauernbundes. Am 18. September in Wien, 25. September 1965, Seite 2 (ANNO/Österreichische Nationalbibliothek).
[3] Burgenländische Freiheit (1981). Burgenlands SP-Bauern fordern Sitz in Präsidentenkonferenz, 6. Mai 1981, Seite 15 (ANNO/Österreichische Nationalbibliothek).
[4] Loibl, Elisabeth/Krammer, Josef (2007). Das Politische ist persönlich, das Persönliche ist politisch. Zeitzeugen der Agrarpolitik, Forschungsbericht Nr. 58 der Bundesanstalt für Bergbauernfragen, Seite 29.
[5] Burgenländische Freiheit (1993). Bauern der Zukunft, 12. Mai 1993, Seite 8 (BF-Archiv.at).
[6] SPÖ Pressedienst (2007). SPÖ-Bauern: Monika Kaufmann zur Bundesvorsitzenden gewählt, 15. September 2007 (APA/OTS).
[7] SPÖ Pressedienst (2012). SPÖ-Bauern: Josef Etzenberger zum neuen Bundesvorsitzenden gewählt, 7. Mai 2012 (APA/OTS).
[8] SPÖ Pressedienst (2022). Bgm. Michael Schwarzlmüller zum neuen Bundesvorsitzenden der SPÖ Bäuerinnen und Bauern gewählt, 28. Mai 2022 (APA/OTS).