Die Anfänge der Erinnerungskultur in Salzburg

Das Gedenken an die Opfer des Faschismus am 1. November am Kommunalfriedhof hat in Salzburg eine lange Tradition. Diese symbolische Würdigung ist eine wichtige Verpflichtung – in der unmittelbaren Nachkriegszeit war dies jedoch keine Selbstverständlichkeit.

Am 15. Juli 1946 wurde vonseiten des SPÖ-Gemeinderatsklubs der Stadt Salzburg der Antrag gestellt „dass bei Neu- und Umbenennungen von Straßen und öffentlichen Plätzen in erster Linie den Opfern des Faschismus Rechnung getragen wird“. Man trat auch dafür ein, dass das „alte Unrecht aus 1934“ wieder gutgemacht werden müsse. So gab es den Wunsch, die General-Dankl-Straße in Maxglan in Rosa-Hofmann-Straße und die Kaiserschützenstraße in August-Gruber-Straße umzubenennen.

Im darauffolgenden Jahr wurden dann auch zwei namenlose Wege nach August Gruber und Valentin Aglassinger benannt. Beide Männer verloren während der Naziherrschaft ihr Leben. Allerdings musste der Salzburger Gemeinderat im Herbst 1946 feststellen, dass es aufgrund der hohen Anzahl an Opfern praktisch nicht möglich war, so viele Straßen und Plätze umzubenennen. Die Idee, stattdessen einen „Befreiungsplatz“ zu schaffen und dort an die Opfer zu erinnern, scheiterte jedoch nach einigen Bemühungen.

Nach den Kriegswirren wurde Franz Rehrl eine besonders Ehre zuteil: Wenige Monate vor seinem Ableben im Jänner 1947 wurde der Karolinenplatz in „Dr.-Franz-Rehrl-Platz“ umbenannt. Der ehemalige christlich-soziale Landeshauptmann wurde im Jahr 1938 abgesetzt und überlebte später die unmenschlichen Strapazen im Berliner Zellengefängnis Lehrter Straße. Für viele Genossinnen und Genossen blieb Rehrl in guter Erinnerung, setzte er sich doch nach dem 12. Februar 1934 für die Freilassung der inhaftierten sozialdemokratischen Gefangenen ein.

Besonders in den ersten Jahrzehnten nach Kriegsende war die Erinnerungskultur geprägt von Konflikten und Auseinandersetzungen um die Deutungsmacht über die Vergangenheit. In Salzburg kann dafür die Entstehungsgeschichte des Mahnmals am Salzburger Kommunalfriedhof exemplarisch herangezogen werden.

Zunächst wurde diese Gedenkstätte vom überparteilichen KZ-Verband und den sozialistischen FreiheitskämpferInnen gleichermaßen genutzt. Schon zu Beginn auffällig: Zu Allerheiligen wurden zwei separate Gedenkveranstaltungen für die Opfer abgehalten. Zu dieser Zeit war das Ehrenmal lediglich mit einem Holzkreuz versehen. SPÖ-Bürgermeister Anton Neumayr wollte dies im Jahr 1950 ändern, musste jedoch ein Jahr später krankheitsbedingt zurücktreten. Es folgten Jahre des Streits.

Schließlich einigte man sich auf einen schlichten Marmorblock mit der Aufschrift: „Dem Gedenken der Opfer für Freiheit und Menschenwürde.“ Die Opfer erhielten darauf keine Namen – ein zeitlicher Bezug fehlte. Am 31. Dezember 1955 wurde das Mahnmal schließlich eingeweiht. Die FPÖ legte einen imposanten Kranz nieder, auf dessen Schleife doppeldeutig zu lesen stand: „Dem Gedenken der Opfer – der Nationalen und Freiheitlichen.“ Josef Klaus, zu dieser Zeit ÖVP-Landeshauptmann, ließ sich bei der Feier überhaupt vertreten.

Heute sind solche Konflikte der Nachkriegsjahre beinahe in Vergessenheit geraten. Diese in Erinnerung zu rufen, erscheint daher wichtig. Sehr viel wichtiger ist jedoch, dass sich weiterhin bis zu 100 Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten jährlich am Mahnmal treffen, um den Opfern des Faschismus zu gedenken.

Text: Alexander Neunherz
Bild: Privat

Quellen:
Kerschbaumer, Gert (2005). Widerstand und Verfolgung in der Stadt Salzburg: 1934 - 1938 - 1945, in: Kulturabteilung der Landeshauptstadt Salzburg (Hg.): Antifaschistisches Mahnen und Gedenken in Salzburg. Das Mahnmal auf dem Südtirolerplatz im Kontext, S. 6-7.
Kerschbaumer, Gert (2005). Gedenken und Mahnen in der Stadt Salzburg: 1945 - 2005, in: Kulturabteilung der Landeshauptstadt Salzburg (Hg.): Antifaschistisches Mahnen und Gedenken in Salzburg. Das Mahnmal auf dem Südtirolerplatz im Kontext, S. 24-25.