Alois Mentasti

Alois Mentasti: Wegbereiter der Sozialdemokratie am Land.

Die Wirkungsgeschichte Alois Mentastis reichte vom Beginn der Ersten Republik bis in die Mitte der 1950er Jahre und beinhaltete politische Ämter auf Gemeinde-, Landes- und Bundesebene sowie diverse Spitzenfunktionen in der Landwirtschaftspolitik. Er war auch maßgeblich am ersten sozialdemokratischen Agrarprogramm beteiligt, welches am 16. November 1925 am Parteitag beschlossen wurde und sich den Existenzsorgen hunderttausender Klein-, Mittel- und Bergbauern annahm.

Sozialdemokratische Bauernvertreter:innen wie Alois Mentasti agierten in einem steten Spannungsverhältnis zwischen Tradition und Moderne. Alte Machtverhältnisse am Land, katholische Glaubenspflege und die Abgeschiedenheit ländlicher Regionen und Täler auf der einen Seite trafen auf eine fortschreitende Industrialisierung samt Bahnausbau mit einhergehender Elektrifizierung. Vor allem durch die Eisenbahn vollzog sich im ländlichen Raum eine massive Veränderung – sozial, politisch und kulturell. Arbeitsplätze im Fahrdienst oder in der Bahnerhaltung brachten neue berufliche Wege mit sich und waren eng mit der Sozialdemokratie verbunden.


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Am Ende seiner Laufbahn als Bauernfunktionär konnte Alois Mentasti auf eine gefestigte Stellung der roten Bäuerinnen und Bauern in der niederösterreichischen Landwirtschaftspolitik verweisen, wenngleich die Vormachtstellung des Bauernbundes nie gefährdet war. So konnten etwa bei den niederösterreichischen Landwirtschaftskammerwahlen 1950 die Mandate verdoppelt [1] und insgesamt 16.482 Stimmen erreicht werden. Gleichzeitig erlangte der Arbeitsbauernbund im Kernland Niederösterreich eine nicht zu unterschätzende Organisationsgröße. Anfang 1949 wurde etwa die 50. Ortsgruppe der Organisation im Bezirk Krems gefeiert [2]. Der Wunsch nach einer Partei der „Arbeiter und Bauern“ erfüllte sich jedoch nicht, die Kluft – mal größer, mal kleiner – blieb bestehen.

Dennoch legten Pionier:innen wie Alois Mentasti mit ihrer beharrlichen langjährigen Arbeit – Erfolge und Rückschläge inbegriffen – den Grundstein für spätere Wahlerfolge der SPÖ in Dörfern und ländlichen Regionen. Das mühsam erworbene Vertrauen sollte sich auch in ein immer größer werdendes Wähler:innenvotum am Land niederschlagen: Als Bruno Kreisky bei der Nationalratswahl 1975 seine absolute Mehrheit sogar noch leicht ausbauen konnte, war dies vor allem den Kleingemeinden zu verdanken:

„Die Computer der Arbeitsgemeinschaft des Meinungsforschungsinstituts mit dem Universitätsinstitut für Statistik zeigen auf: Unterteilt man die Gemeinden nach ihrer Größe, holte sich die SPÖ die höchsten Gewinne in Kleingemeinden und Mittelstädten, die ÖVP verlor am schwersten in den Kleingemeinden […]. Allgemein landete die SPÖ in den Landwirtschaftsgemeinden überdurchschnittlich gut und fügte dort der ÖVP die höchsten Verluste zu.“ [3]

Die heutige Alois-Mentasti-Plakette der SPÖ Bäuerinnen und Bauern Österreichs erinnert daher an die Pioniertaten des Namensgebers: Ausgezeichnet werden all jene sozialdemokratischen Persönlichkeiten, die sich für den ländlichen Raum stark machen.

Alois Mentasti: Biografische Daten im Überblick

  • geboren: 15. Februar 1887, Sooß (Baden, Niederösterreich)
  • gestorben: 23. April 1958, Sooß
  • Beruf: Weinhauer, Politiker
Wichtigste Funktionen und Mandate auf Gemeinde-, Landes- und Bundesebene:
  • Gemeinderat und Vizebürgermeister von Sooß (1919–1934)
  • Bezirks- und Landeskammerrat (1922–1934)
  • Landtagsabgeordneter (1927–1934)
  • Bundesvorsitzender der Vereinigung der Kleinbauern, Weinbautreibenden und Kleinpächter bzw. des Verbandes der freien Arbeitsbauern (1923–1934)
  • Unterstaatssekretär im Staatsamt für Land- und Forstwirtschaft (1945)
  • Bürgermeister von Sooß (1945–1955)
  • Bundesvorsitzender des Österreichischen Arbeitsbauernbundes (1945–1953)
  • Zweiter Präsident der nö. Landes-Landwirtschaftskammer (1945–1950)
  • Landtagsabgeordneter und Zweiter Landtagspräsident (1945–1949)
  • Mitglied des SPÖ-Bundesparteivorstandes (1946–1953)
  • Nationalratsabgeordneter (1949–1953)
Auszeichnungen, Verleihungen und Würdigungen:
  • Ökonomierat (Ehrentitel), verliehen 1947 durch Bundespräsident Karl Renner
  • Victor-Adler-Plakette, verliehen 1952 u. a. durch Innenminister Oskar Helmer
  • Großes Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich, verliehen 1957 durch Bundeskanzler Julius Raab (die Funktion des verstorbenen Bundespräsidenten Theodor Körners ausübend)
  • Alois Mentasti-Straße (Sooß)
  • Alois-Mentasti-Plakette für Verdienste um den ländlichen Raum (seit 2022 von den SPÖ Bäuerinnen und Bauern verliehen)
[1] Arbeiter-Zeitung (1950). Sozialistischer Erfolg bei den Bauernkammerwahlen in Niederösterreich, 4. April 1950, Seite 6 (ANNO/Österreichische Nationalbibliothek).
[2] Arbeiter-Zeitung (1949). Die fünfzigste Ortsgruppe des Arbeitsbauernbundes im Bezirk Krems, 13. Jänner 1949, Seite 3 (ANNO/Österreichische Nationalbibliothek).
[3] Erlafthal-Bote (1975). Bruno Kreisky, Triumphator 1975, 8. Oktober 1975, Seite 1, (ANNO/Österreichische Nationalbibliothek).